Mein Problem mit der Stille

Werdet Still, aber wie?

Mein Problem mit der Stille

Ja, Gott begegnet uns in der Stille, nicht im Sturm, nicht mit lauter Stimme, sondern im leisen Säuseln. Vermutlich kennen die meisten diese Sätze, so oft höre ich sie in Predigten über Gebet, Stille Zeit, oder wie wir Gottes Stimme hören. Ja nett, aber die eine brennende Frage für mich ist immer, und wie? Und gefühlt habe ich noch nie eine befriedigende Antwort auf diese Frage gefunden. Also muss es an mir liegen, ich bin das Problem. Oder gibt es da ein anderes Problem mit der Stille?

In den Predigten wird dann auf Bibelstellen Bezug genommen, wie Elia auf dem Horeb (1 Kön 19,7-18), was ich oben ja schon angedeutet hatte. Gott kommt also nicht dann, wenn es laut ist, sondern im Säuseln, in der Stille. Das scheint die offensichtliche Auslegung zu sein. Zumindest die, für die die Stelle genutzt wird. Jeder hat sie vermutlich schonmal gehört und jeder der Predigt hat sie schonmal so ausgelegt. Super Punkt mit einfachem Transfer in unser leben. Ja, unser Leben ist laut, Ablenkungen ist das Geschäftsmodell des 21. Jahrhunderts, dem gilt es etwas entgegenzusetzen. So wundert es mich nicht, dass Autoren oder vielmehr ihre Bücher zu dem Thema wie John Marc Comer oder Johannes Hartl Gehör und Anklang finden, doch machen wir es am Ende uns damit nicht zu einfach?

Stille und Meditation hat gerade richtig einen Hype und die beiden Männer stellen das umfänglicher und komplexer dar, wie ich ihnen das hier gerade andichte. Nur wenn ich diese Bücher lese (was ich sowohl mit Genuss, als auch mit Gewinn) merke ich ein entscheidendes "Problem", ich bin extrovertiert. Und wenn ich womit allzu lange nicht klarkomme, dann ist es alleine zu sein, ohne mit beschäftigen zu können. Ich war mal für ein paar Tage auf einer einsamen Hütte, weil ich am Höhepunkt meiner "Ich wäre gerne ein Mensch der Stille, mit Gott liebt"-Phase dachte, wenn ich das mache begegnet mir Gott. Es war eine interessante, aber keine tolle Erfahrung und leider auch keine, nach der ich mich Gott näher gefühlt hätte, geschweige denn mit Gott erschienen ist. Ok Stille ist also nichts für mich, aber immer, wenn man Menschen darüber reden, schwärmen oder predigen hört, kommt dieses leise Gefühl auf, bin also doch ich das Problem?

Ich vermute, diese Spannung entsteht, weil ich durch diese Bücher immer wieder Stille und Meditation zu stark mit der Frage, was Gebet ist, verknüpfe.
Paulus schreibt ständig, er bete ohne Unterlass und fordert auch uns dazu auf (1. Thes 5,17)! Krass, er muss ein Mann der Stille gewesen sein. Oder wir tragen hier ein unvollständiges Bild von Gebet an diese Stille heran. Peter Kreeft betont, dass Paulus nicht damit meint, dass ein monastisches Leben der Goldstandard für ein Christ sein soll, sondern, dass Paulus in allem, was er tut, mit Gott im Zwiegespräch ist und ihn mit einbezieht. Jede Situation, die kommt Gott hinlegt, ihn mit einbezieht und sich seines Willens stetig bewusst zu sein und sich daran auszurichten. Was wir durchweg an Paulus in der Apostelgeschichte gesehen haben. Und um hier zwei Sachen klarzustellen, dieser Blick auf Gebet und die Aufforderung von Paulus ist zum einen nicht minder herausfordernd, zum anderen aber auch nicht vollumfänglich oder eine Widerlegung der Meditation und Stille. Und trotzdem hört sich, dass für jemand extrovertiertes schaffbarer an. Gott einfach mit in sein Zeugs einzubeziehen, anstatt davor zu fliehen, um erst dann bei Gott zu sein.

Doch wie machen wir das jetzt? Beim Nachsinnen über meinen Kampf mit der Stille sind meine Gedanken immer wieder bei Jesus gelandet. Ja Er zieht sich zurück in die Stille, verstanden, aber wie bleibt er in Kontakt mit dem Vater, ist es nur die Stille? Nein, er ist immer in Verbindung mit dem Vater, immer im Zwiegespräch, er betet ohne Unterlass. Ja Jesus hat beide Seiten an sich und ich glaube, wir können von Jesus auch beide Seiten lernen. Doch was ist die eine Handlung, die eine Gewohnheit, die wir von Jesus lernen können, um darin zu wachsen?

Ich glaube, es ist genau das, was wir in der Stille versuchen zu verhindern, die Ablenkungen. Jesus ließ sich ablenken von Menschen, er ließ sich unterbrechen. Wenn er in Situationen hineingetreten ist, hat er sie nicht beiseite geschoben, sondern ist ihnen begegnet im Hier und Jetzt, dort, wo er, sein Gegenüber und sein Vater wirklich anwesend waren. Auch wir haben die Chance in unserer nächsten Ablenkung uns bewusst zu machen, dass der Vater da ist, dass es eine Chance ist nach seinem Willen für diesen Moment zu fragen und seine Liebe weiterzutragen. Und damit im weitesten Sinne nicht nur zu beten, sondern auch Gott zu begegnen, in der Ablenkung.